Reif für die Insel

Der sonnige Herbst verabschiedet sich. Die blaue Farbe des Himmels weicht dem hellen Grau, das nun den ganzen Tag den Horizont bedeckt. Der Wind streicht durch die Äste der Bäume und lässt ganze Scharen von Blättern durch die Luft wirbeln.

Er scheint Spaß daran zu haben, diese roten und gelben Punkte, die einst das stolze Grün des Sommers verkörperten, auf Wiesen und Wegen zu verteilen.

Ich mag diesen Wind. Er erinnert mich gerade an einige schöne Tage hoch oben im Norden unseres Landes. NordseestarndIch sehe wieder die weiten und hohen Sanddünen vor mir, die einen majestätischen Blick auf die heraneilenden Wellen der Nordsee gestatten.

Ich rieche förmlich den salzigen Geschmack der Luft, die immer meine von der Großstadt nicht gerade verwöhnten Lungen im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen lässt.

Ich liebe das Meer.

Meine Gedanken und Erinnerungen sind auf dem Weg nach Juist. Dieses langgezogene Stück Land in der Kette der ostfriesischen Inseln ist nicht so bekannt wie seine Nachbarn Borkum und Norderney.

Die Fähre legt an. Das Empfangskomitee schwebt über der Anlegestelle und begrüßt die Menschen in der Sprache der Vögel des Meeres. Die Fahrt auf der Fähre hat keine zwei Stunden gedauert. Meist braucht sie nicht einmal 90 Minuten. Aber diese Überfahrt nach Juist lohnt sich.

Diese fast völlig autofreie Insel ist ein Ort, an dem man viel von dem findet, was der Trubel der Großstadt und die Anspannung unserer täglichen Arbeit uns nimmt. Ruhe, Erholung, Kreativität, Sport – manchmal braucht einfach nicht mehr. Vielleicht einmal abgesehen von dem gutes Essen.  Kurzurlaub in Juist verbringen heißt Erholung und Genuss pur.

juistEs ist alles so vertraut. Die Möwen scheinen sich bei jedem Besuch um den gleichen Fisch zu streiten, der alte Fischer sitzt immer auf der gleichen Bank vor seiner Hütte und wird wohl auch kaum die Sorte seines Pfeifentabaks wechseln.

Man ist angekommen.

Wenn der Weg von meiner thüringischen Heimat hinauf an die Nordsee nicht so lang wäre, dann würde ich wahrscheinlich viele Wochenenden an der Küste der verbringen. Aber so ist es wenigstens immer wieder ein besonderes Erlebnis, wenn man am Meer stehen kann, die Füße auf weichem Sand ruhen und von Wellen umspült werden.

Ein einsames gelb gefärbtes Blatt landet vor mir auf dem Balkon. Es holt mich und meine Gedanken zurück in die herbstliche Welt von Jena.

Aber ich bin mir sicher, dass das Meer auf mich wartet.

Nordsee