Spinalonga, was soviel wie „langer Dorn“ heißt, so nannten die Venezianer die kahle Halbinsel bei Elounda auf Kreta. Neben dieser Halbinsel liegt eine kleine Insel, die eigentlich Kalidona heißt, aber von Besuchern und Einheimischen mittlerweile auch nur noch als Spinalonga bezeichnet wird.
Auf Beschluss der Regierung von Kreta im Jahre 1913 wurde diese kleine Insel im Osten Kretas in eine Leprakolonie umgewandelt. Man ließ alle Menschen, die an dieser Krankheit litten, einschließlich ihrer Verwandten, die teilweise noch keinen Ausbruch der Krankheitssymptome hatten, dorthin bringen.
Diese Regierungsentscheidung brachte der bis dahin in der Welt kaum beachteten Insel Spinalonga einen makabren Bekanntheitsgrad ein, der dem Ort selbst nach der Auflösung der Leprastation im Jahre 1957 auch heute noch einen beständigen Besucherstrom einbringt.
Lepra war und ist eine hochansteckende Krankheit und sie verdammte die Betroffenen zur völligen Isolation bis zum schmerzvollen langsamen Sterben. Man kann die Bakterien über Jahrzehnte in sich tragen, völlig normal leben, bis die Krankheit schließlich ausbricht und bis vor 50 Jahren unheilbar war. Vor der Entscheidung zur Eröffnung der Lepra-Insel hausten die Betroffenen meist in Höhlen, Abbruchgebäuden oder abgelegenen Dörfern in den Bergen Kretas ohne jeglichen Kontakt zur kretischen Außenwelt.
Da die Anzahl der Kranken auf Kreta beständig stieg, wollte man durch die Isolierung der Kranken eine weitere Ausbreitung der Krankheit verhindern. Immerhin konnten die Betroffenen auf diese Weise wieder ein fast normales Leben führen, einem Beruf nachgehen und Familien gründen. Auf Spinalonga entstanden während dieser Zeit neue Bauwerke wie Häuser, Werkstätten und sogar Kirchen, die alle von den Kranken selbst errichtet wurden.
Verwandte und nahe Freunde durften die Kranken besuchen, aber dies war anschließend stets mit kompletter Desinfektion der Besucher und ihrer Utensilien verbunden.
Erst Mitte der 50er Jahre verlor Lepra den größten Schrecken, als die Entwicklung hochwirksamer Medikamente die Heilung der Krankheit möglich machte. Damit konnten auch das letzte Dutzend Überlebender die Insel verlassen und Spinalonga wurde zu einer historischen Erinnerungsstätte an eine eher makaber wirkende Epoche ihrer Geschichte.
Dieser jüngere Teil der Inselgeschichte lässt fast vergessen, dass Spinalonga vor 1913 auch bereits eine interessante Geschichte hinter sich hatte.
Im 16. Jahrhundert errichteten die Venezianer wegen der akuten türkischen Bedrohung an vielen Stellen der Insel Kreta Festungsanlagen und so wurde 1579 auf Spinalonga eine Festung zum Schutz der Bucht errichtet, die sich als praktisch uneinnehmbar entpuppte. Diese riesige Festung mit über 300 gewaltigen Kanonen wurde im venezianisch – türkischen Krieg nie erobert, und auch als die Türken 1699 Kreta völlig unterwarfen, blieben die Festungsinseln Spinalonga, Suda und Gramvousa in komplett venezianischer Hand. Spinalonga wurde erst später freiwillig gegen freies Geleit an die Türken übergeben, als eine weitere Verteidigung dieses winzigen Teils sinnlos erschien.
Man kann die Überreste der Festung und der Leprastation mit den angrenzenden Wohneinheiten heute ganzjährig besuchen. Die kurze Überfahrt mit Fischerbooten oder kleinen Fähren kann von Elounda oder Plaka erfolgen und man ist mit den Morgenstunden am besten bedient, da dann die Mittagsglut und auch die großen Touristenströme noch ausbleiben.
Hier findet man weitere Informationen über Spinalonga, deren Festung und Geschichte.
Susa
Danke für den interessanten Bericht! Auf Kreta war ich leider noch nie, aber die Insel ist sicher einen Besuch wert.
Grüße aus Hamburg, Susa